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Letmathe
unsere neue Heimat
Am 14. April 1946 zogen wir nun in
die Baracke ein. Jetzt erst kam uns erst richtig unsere Heimatlosigkeit und
Armut zum Bewusstsein. Zum Glück standen in der Baracke noch zwei Metallschränke,
in die wir unsere paar Habseligkeiten unterbringen konnten.
2 dreistöckige Luftschutzbetten
beschafften wir uns auch noch und machten sie uns nützlich. Der kleine
Kanonenofen, der in dem einen Raum stand, sollte uns dienen, aber er rauchte
nur und wir konnten darauf kaum etwas kochen.
Da halfen uns Schlüters
wieder.
Wir bekamen einen größeren
Herdofen und einen langen Kantinentisch. Nun hatten wir unsere Einrichtung
fertig. Da das Wetter umschlug und sehr kalt wurde, froren wir sehr. Die
Zwischentüren verhängten wir tagsüber mit Decken, um ein bißchen Wärme zu
erhalten; Abends allerdings mußten wir die Decken nebst unseren Wintermänteln
zum Schlafen gebrauchen, denn wir hatten ja für so viele Menschen nicht genug
Deckbetten. Die Fenster waren hatten keine Glasscheiben, sondern, eine Art
Zellophanpapier mit feinem Draht, durchzogen. Wenn der Wind ging knatterten
sie ganz schrecklich. So kam das Osterfest heran Familie
Schlüter beschenkte uns mit einem Napfkuchen und öfters noch mit
Lebensmitteln. Auch am nächsten Weihnachtsfest vergaßen sie uns nicht und
wir können ihnen nicht dankbar genug sein. Nach öfteren Bitten bei den
Kalkwerken um richtige Glasfenster und Zimmertüren, erhielten wir diese so
nach und nach und es wurde bei uns wohnlicher.
Wir bauten und zimmerten uns
Verschiedenes, Fenster erhielten Gardinchen, erst von Krepp-Papier später von
Mullwindeln oder sonstigen alten Gardinenstoff. Ein altes Ledersofa, für
Raucherkarten eingetauscht und ein weißer Küchenherd (von Onkel
Willy)
gekauft verbesserte um ein weiteres unsere Einrichtung.
Mit viel Mühe schafften wir
Muttererde auf den Sand, und legten uns ein Kleines Gärtchen an, wo wir
gleich Gemüse, Salat und Tomaten anbauten. Bald waren wir mit den hohen
Felsen, die unsere Wohnung umgaben vertraut und der tiefe Abgrund vor unserem
Fenster verlor den anfänglichen Schrecken und die Angst, dass ihr Kinder
verunglücken könntet.
Ihr hattet viel Platz zum Spielen
im Sand und auf dem kleinen Berg mit der Wiese, wo ihr auch gut den Bahnhof
mit den fahrenden Zügen überschauen konntet.
Es war trotz aller Not schön für
Euch.
Was Ihr nun noch alles hier
erleben werdet, das lernt
Ihr
jetzt
schon verstehen und auch die Kleinen werden
sich später noch daran erinnern können, wenn wir
Großeltern nicht mehr am
Leben sind.
Zur Erinnerung geschrieben und
beendet
am 15. 2.
1948
Euere Oma Emma Morchel

844km
liegen zwischen Letmathe und Wünschelburg, dem heutigen Radkow

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wleier@t-online.de
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