Wir
waren nun Bettler geworden. 2 Tage später mußten wir auch die Werkstatt
verlassen und Opa mußte in einer fremden
verlassenen anderen Werkstatt mit einem anderen Meister zusammenarbeiten.
Meistens für Polen ohne Geld. Gute Leute schenkten soweit sie selber noch
etwas hatten, für Euch Kinder etwas Wäsche und Kleidung. Gerettet hatten wir
2 Deckbetten und 3 Kopfkissen für 6 Personen. Die ersten Tage dröhnte uns
immerfort das Gebrüll und das Schießen in den Ohren dann weinten wir unaufhörlich.
Eure Urgroßmutter
und Tante Else wurden im Pfarrhaus
untergebracht, wo sie im Dezember wieder heraus mußten. Beim letzten
Herauswurf ging ihnen auch noch das Spargeld verloren. Nun wären wir etwas
zur Ruhe gekommen, wenn die Ernährung nicht Sorgen gemacht hätte. Alles war
nur noch gegen Zloty zukaufen der mit 2 RM berechnet wurde, wenn wir
kauften. Selten gab es Brot, oder nur weil
Opa für Polen arbeitete. Im geheimen holte er etwas Milch bei einem Bauern,
die Flasche in der Hosentasche versteckt. Einmal wurde er von einem höheren
Soldaten niedergeschlagen. Da die Polen, die auf den deutschen Bauernhöfen saßen,
lange schliefen, so holten wir auf Anraten einer deutschen Bäuerin frühzeitig
Kartoffeln vom Feld, die da zu einem Haufen lagen, bis die Polen dahinter
kamen und aufpassten. Bäckereien, Fleischereien und überhaupt alle Geschäfte
waren in polnischer Hand.Urseren
Gewerbebetrieb mussten wir mehrere Male wieder neu Kaufen, zuletzt mit 200
Zloty. Nachtragen muss ich noch, dass wir
gleich bei Ankunft der Polen im Juni unsere Firmenaufschrift
"Schuhe" in Goldbuchstaben über dem Schaufenster entfernen und
durch ein polnisches Schild "Obuwie“ ersetzen mussten. Die Stadt selbst
hieß jetzt Grodeck, auch Grodku. Auch alle Radios Fotos und Fahrräder
mussten bald abgegeben werden. Nun kam auch Weihnachten heran und wir glaubten
die augenblicklichen Verhältnisse nicht ertragen zu können, aber durch Euch
Kinder wurde es noch zu einem gesegneten Fest. Ein kleines Bäumchen wurde
geschmückt und die geretteten Püppchen neu eingekleidet. Die Urgrossmutter
und Tante Else, sowie Oma Bason, die als Flüchtling noch bei uns wohnte,
waren am hl. Abend unsere Gäste.

Tante ElseV